Aufgrund der langen und facettenreichen Stadtgeschichte ist München heute ein Paradies für passionierte Architekturfreunde. Der Jugendstil bildet dabei ein prachtvolles und vergleichsweise modernes Gegenstück zu etablierten Stilen der Gotik (Altes und Neues Rathaus), des Klassizismus (Nationaltheater) und des Barock und Rokoko (Schloss Nymphenburg). Die markante Architekturbewegung des Jugendstils ließ namhafte Architekten gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit damals teils exotischen Fassaden experimentieren. München wuchs zu jener Zeit schnell zu einem kulturellen Fixpunkt des Jugendstils heran. So verwundert es wenig, dass dieser kulturell einflussreiche Stil auch in der Gegenwart das Antlitz der bayrischen Weltstadt an der Isar bereichert. Doch wo und auf welche Weise hat der Jugendstil in München seinen Einfluss hinterlassen? Und was ist eigentlich die Architektur des Jugendstils?
Was ist Jugendstil?
Der Jugendstil etablierte sich als europäische Architekturschule gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Zuvor machte vor allem der Historismus auf sich aufmerksam, der geschichtsträchtige Architekturstile durch Neoromanik, Neogotik, Neorenaissance und co. als Neuinterpretation des Altbekannten präsentierte. Beeinflusst vom Historismus, aber auch Strömungen der modernen Kunst, versuchten Anhänger des architektonischen Jugendstils eine eigene ästhetische Stilepoche zu etablieren. Wien sowie München zählen zu den frühen Fixpunkten bei der Entwicklung dieser besonderen Architektur. Die Entstehung des Jugendstils fand jedoch nicht im kulturellen Vakuum statt: So gab es zu jener Zeit auch parallele und verwandte internationale Entwicklungen wie das Art nouveau in Frankreich und den Arts- and Crafts-Stil in Großbritannien.
Ausdrucksform der Architektur
Anhänger des Jugendstils wollten eine originelle und eigene Ausdrucksform in der Architektur finden. Der Jugendstil gilt als eine Art Antwort auf den ästhetisch eher reaktionären Historismus. Dabei gestaltete sich der Übergang fließend: Der Späthistorismus machte nach und nach den frühen Bewegungen des Jugendstils Platz. Schlichte und geradlinige Fassaden wie im Klassizismus waren im Jugendstil eher nicht zu erwarten. Seine verzierten Ornamente und Dekorationen erinnern vielmehr an modernisierte Interpretationen des Barock und des Rokoko – wobei prominente Vertreter des Jugendstils sich von genau jenen Darstellungen der architektonischen Geschichte loszusagen versuchten. Zu den Ornamenten gehörten teils exotische Farben und Farbkombinationen, Konturen von Tieren und Natur, kunstvolle Darstellungen weiblicher Formen und ineinander fließende Verzierungen.
Höhepunkte der Epoche
Die damals neue Architekturepoche feierte zwischen 1890 und 1910 ihre Höhepunkte – und kann auch deshalb als eine Antwort auf die Geschichte der Industrialisierung verstanden werden. Der gleichförmigen Massenproduktion sollten individuelle Nuancen und einmalige prachtvoll verzierte Fassaden entgegengestellt werden. Anders als bei Barock und Rokoko sollten die Gebäude zugleich von einer intrinsischen Funktionalität geprägt sein – und sich nicht eigennützig in ihren Spielereien verlieren. Dabei ist der geschichtliche Jugendstil so facettenreich und dynamisch wie seine Ornamente: Mit Reformstil und Secessionsstil und co. formten sich innerhalb weniger Jahre eigene Strömungen innerhalb der Stilepoche heraus.
Begründer der Jugenstil-Bewegung
Zu den Mitbegründern der deutschen Bewegung gehörte der Architekt Hermann Obrist, der auch in München tätig war. Auch der Österreicher Otto Wagner, der Belgier Victor Horta und der Franzose Hector Guimard zählten unter einer nuancierten Selektion von Namen zu den Pionieren des Stils. Seinen Namen verdankt die Bewegung der um 1896 gegründeten auf Kultur fokussierten Zeitschrift „Jugend – Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben“ und deren Gründer Georg Hirth. Mit Beginn des Ersten Weltkriegs verlor der Jugendstil schrittweise an Bedeutung. Extravagante Architekturformen wie Art Déco und der Expressionismus traten auf die Bühne. Doch der Einfluss des Jugendstils – ob auf nachfolgende Strömungen oder das heutige Stadtbild – bleibt weiterhin prominent. Ein Panorama der besonderen Stilepoche präsentiert sich Besuchern heute beispielsweise im Fall der sehenswerten Jugendstil Architektur München.
Sehenswerte Architektur – der Jugendstil in München
Als der Jugendstil gegen Ende des 19. Jahrhunderts nach und nach an Bedeutung gewann, verweilten viele Pioniere der Stilepoche in München. So war es wenig überraschend, dass Architekten, Gestalter von Inneneinrichtungen und stilbildende Künstler wie Hermann Obrist, Bruno Paul, Bernhard Pankok, Richard Riemerschmid, August Endell und Martin Dülfer mit ihren teils experimentellen Fassaden und Werken das Antlitz Münchens und seiner Immobilien nachhaltig prägten. Eines der auffälligsten Meisterwerke der Jugendstil Architektur München ist so auch Martin Dülfer zu verdanken, der in Schwabing unmittelbar an der Münchener Freiheit, in der Leopoldstraße 77, ein prachtvoll verziertes Wohnhaus des Jugendstils entwarf. Noch heute ist das markante Bauwerk an jener Stelle zu sehen, sein Schöpfer Dülfer soll es einst selbst bewohnt haben.
Kultureller Hotspot
Und so bildete sich bald Schwabing als ein kultureller Hotspot für die Jugendstil Architektur München heraus. Heute gibt es ganze Routen, die entlang von Straßenzügen wie der Leopoldstraße, der Ainmillerstraße, der Martiusstraße sowie der Gedeon- und Georgenstraße durch das Münchener Viertel führen – und sich an den auffälligen Bauwerken und Immobilien des Jugendstils orientieren. In der Ainmillerstraße beispielsweise befindet sich ein heute denkmalgeschütztes Jugendstilhaus, das zwischen den beiden Jahren 1899 und 1900 entstand. Die farbenfrohe und prachtvoll verzierte Fassade aus blauen, roten und goldenen Elementen geht auf einen Entwurf von Ernst Haiger zurück, während sich für die Architektur Felix Schmidt verantwortlich zeigte. Heute gehört es zu den berühmtesten und meistfotografierten Bauwerken des Jugendstils in München.
Faszinierende Fassaden
Als drittes Beispiel lassen sich die teils antik angehauchten Fassadenentwürfe in der Münchener Römerstraße hervorheben. Und während in der Franz-Joseph-Straße mit natürlich und tierisch angehauchten Fassaden eine weitere Facette des Jugendstils wartet, sind in Georgen- und Elisabethstraße kunstvolle teils abstrakte Ornamente aus jener Architekturepoche Programm. Im Herzen München wartet so ein ganzes Panorama an aufregenden Jugendstilbauten, welche fast alle denkbaren Facetten der damals experimentellen Architektur hervorzuheben weiß. Architekturfans sollten sich daher eine Route entlang der Jugendstil-Bauten in der Innenstadt nicht entgehen lassen.
Marienplatz, Schloss Nymphenburg und co. – weitere Sehenswürdigkeiten in München
Erstklassige Architektur ist in München Programm. Und so verwundert es wenig, dass einige der besten Sehenswürdigkeiten sich als ästhetisches Fest für Architektur- und Kulturfreunde erweisen. Viele der Sehenswürdigkeiten gruppieren – wenig überraschend – um den Marienplatz, der mit seinen historischen Bauwerken die Altstadt Münchens prägt. Hier stehen Altes sowie Neues Rathaus, beide Prachtbauten des alt- bzw. neugotischen Stils. Dabei fällt die Bauzeit des neugotischen Neuen Rathauses von 1867 bis 1909 in die Epoche, als auch der Jugendstil aufblühte und seine Höhepunkte feierte. Als ein Meisterwerk des Barock und Rokoko gilt das Schloss Nymphenburg, welches einst als ein Sommersitz für die Könige von Bayern fungierte. Auf sich aufmerksam macht hier auch der Schlosspark Nymphenburg, der mit seinen ausladenden Gartenanlagen in München seinesgleichen sucht.
Mit Frauenkirche und Alter Peter hat die Stadt zwei berühmte und überregional bekannte Sakralbauten vorzuweisen. Die Historie der Frauenkirche reicht bis in das späte 15. Jahrhundert zurück, sie gilt heute als ein markantes Beispiel der spätgotischen Kirchenarchitektur. St. Peter, auch als Alter Peter bekannt, zählt dank eines romanischen Vorgängerbaus als eine der ältesten Kirchbauten München, mit einer Geschichte, die bis weit in das Mittelalter des 13. Jahrhunderts zurückreicht. Wer sich für modernere Architektur interessiert, kann den berühmten Olympiapark besuchen, der heute mitsamt Oberwiesenfeld, Olympiaberg und Olympiasee zu den beliebtesten Naherholungszielen der Stadt zählt. Wer ein Auge auf den Eventkalender behält, kann hier die ein oder andere Veranstaltung von Weltrang – ob Konzert oder Ausstellung – besuchen.
Sollen Sie nicht gerade eine Munich Brewery Tour oder einen Besuch des weltberühmten Oktoberfests vorhaben, können Sie in München einige Weltklasse-Museen besuchen. Hervor stechen hier vor allem die Kunstmuseen Alte Pinakothek, Neue Pinakothek und Pinakothek der Moderne. Während sich die Dauerausstellung der Alten Pinakothek vor allem mit der europäischen Kunsthistorie vom 14. Jahrhundert bis in das 17. Jahrhundert beschäftigt, warten in der Neuen Pinakothek beachtete Werke von Maler- und Kunstgenies wie Vincent van Gogh, Édouard Manet, Pablo Picasso, Gustav Klimt und Auguste Rodin. Meisterwerke der Moderne werden in der Pinakothek der Moderne präsentiert. Einen Einblick in die Historie Münchens gibt es außerdem im prominenten Münchener Stadtmuseum.
Überblick – Warum der Jugendstil in München florierte
Die Architektur des Jugendstils hat in München bis heute ihre Spuren hinterlassen. Schlüsselfiguren der Architekturepoche haben das Herz der Innenstadt, insbesondere in Schwabing, durch bis heute eindrucksvolle Fassaden und Bauwerke geprägt. Obwohl der Höhepunkt des Jugendstils vom Ende des 19. bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts nur etwas mehr als 20 Jahre währte, hatte er Rückwirkungen auf nachfolgende Stile wie Art Déco und Expressionismus. Obwohl sich jene Strömungen teils gegen den Jugendstil wendeten – wie der Jugendstil gegen den Historismus –, so inspirierten sich die Architekturstile (ob direkt oder indirekt) gegenseitig. Wer Höhepunkte des deutschen Jugendstils erleben möchte, sollte nach München reisen. Die Weltstadt an der Isar liefert einen Nachweis, welch eindrucksvolle architektonische Kunst teils in den Fassaden des Jugendstils verborgen ist: Eindrucksvolle Fassaden, die aus dem modernen München nicht mehr wegzudenken sind.