Skip to content

Definition eines Scheibenhauses inklusive Praxisbeispielen

Loading

Wenn Sie durch eine Großstadt gehen und bewusst auf die verschiedenen Bauwerke achten, bekommen Sie eine ungefähre Vorstellung davon, wie viel Gebäudetypen es gibt. Denn immerhin gibt es in Deutschland an die 19 Millionen Wohngebäude, die sich beispielsweise in ihrer Bauweise, ihrer Konstruktion und ihrem Stil und anderen Kriterien deutlich voneinander unterscheiden. Nur wenige Zeitgenossen kennen wahrscheinlich die Definition von einem Scheibenhaus.

Das Scheibenhaus und seine Begrifflichkeit

Ein Bauwerk wird seiner Definition als Scheibenhaus regelmäßig dann gerecht, wenn es sich zum einen um ein regelmäßig in einer Stahlskelettbauweise errichtetes Hochhaus handelt, und zwar mit der Besonderheit, dass dieses in gegeneinander versetzte Scheiben gegliedert ist. Je nach Typologie handelt es sich um ein Dreischeibenhaus oder ein Vierscheibenhaus. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass bei einem Dreischeibenhaus die entsprechende Konstruktion aus drei gegeneinander versetzte Scheiben und bei einem Vierscheibenhaus aus vier gegeneinander versetzte Scheiben besteht.

Das Scheibenhaus und seine Eigenschaften

Aufgrund der Gliederung in gegeneinander versetzte und regelmäßig schmale Scheiben verfügt ein Scheibenhaus über eine einzigartige Optik. Der Nachteil dieser einzigartigen Optik besteht darin, dass diese zu einer etwas verminderten Funktionalität des Gebäudes führt. Denn in dem Bereich der gegeneinander versetzten Scheiben ist regelmäßig der Kern des Gebäudes integriert. Wenn Sie ein Scheibenhaus aufsuchen, werden Sie feststellen, dass sich in diesem Gebäudekern die Aufzugsanlagen sowie u. a. die sanitären Einrichtungen befinden. Bedingt durch diese Anordnung wird die Verkehrsfläche eines solchen Gebäudes regelmäßig ein wenig reduziert. Angesichts der mehr als außergewöhnlichen Optik fällt dieser kleine Nachteil nicht ins Gewicht. Dies gilt auch für ein weiteres Charakteristikum eines derartigen Scheibenhauses, nämlich der Einschränkung der Sicht, und zwar insbesondere in den oberen Geschossen der mittleren Scheibensegmente. Unabhängig von den vorbezeichneten Spezifikas erlaubt ein Hochhaus in Form eines Scheibenhauses die Aufteilung der Gesamtfläche in viele kleinen Einzelbüros, Großraumbüros nebst Fluren sowie großzügigen Sitzungssäle.

Das Scheibenhaus als Prototyp einer neuen Architektur

Ein Hochhaus, welches von seiner Definition als Scheibenhaus bezeichnet werden kann, ist Bestandteil einer Bürohausarchitektur, welche Ende der fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts gegründet worden ist. Es ist in erster Linie das Dreischeibenhaus, welches in diesem Zusammenhang als Prototyp einer avantgardistischen Bürohausarchitektur den Weg gewiesen hat. Stellvertretend hierfür steht das sog. Thyssenhaus. Ein Hochhaus in Düsseldorf, welches in den Jahren 1957 bis 1960 fertig gestellt worden ist. Es weist eine Höhe von 94 Metern und eine über 25 Etagen verteilte Nutzungsfläche von 30.000 Quadratmetern aus. Dieses Dreischeibenhaus mit seiner aus Edelstahl sowie Aluminium und Glas bestehenden Fassade steht stellvertretend für die in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts in Mode gekommenen Bank -und Verwaltungsgebäude. Die sog. Skelettbauweise wird hier gestützt durch eine aus Stahlrohren bestehende Tragkonstruktion. Wenn Sie Ihren Blick auf dieses Gebäude werfen, werden Sie sofort feststellen, dass die mittlere Scheibe die außen liegenden Scheiben um drei Geschosse überragt. Nicht umsonst wurde letztendlich aufgrund der Fassade und der Bauweise das Thyssenhaus als eine Ikone der Architektur bezeichnet und im Jahre 1988 unter Denkmalschutz gestellt.

Eine weitere Ikone der Architektur stellt das sog. Vierscheibenhaus des Westdeutschen Rundfunks in Köln dar. Dies folgte dem Dreischeibenhaus in Düsseldorf knappe zehn Jahre später. Die signifikante Optik entsteht hier durch vier seitlich versetzte und nebeneinander stehende Gebäudescheiben. Betont wird diese signifikante Optik noch zusätzlich dadurch, dass sich die beiden Scheibensegmente in der Mitte lediglich zu 80% überlappen und die beiden äußeren Scheiben sich um etwa ein Drittel weniger als die mittleren Scheiben in die Vertikale erheben. Abgerundet wird der signifikante Eindruck der Optik dadurch, dass die beiden äußeren Scheiben von der Mitte des Gebäudes jeweils entgegengesetzt nach außen vorgeschoben sind. Architektonisch weiter ist interessant, dass die südlich vorgeschobene mittlere Scheibe die nördliche mittlere Scheibe dabei an Größe überragt. Bei der Betrachtung des Gebäudes wird Ihnen jedenfalls sofort auffallen, dass die mittleren Scheiben die äußeren überragen. Das insgesamt acht Stockwerke hohe Gebäude weißt eine Gesamtlänge von 165 Metern auf. Bezogen auf diesen Gesamtlänge überlappen sich alle vier Scheiben lediglich zu einem Fünftel.
Wer in einem solchen Bauwerk wohnt oder arbeitet, welches seine Definition als Scheibenhaus verdient, kann also mit Fug und Recht behaupten, in einer architektonischen Ikone zu verweilen. Diese sind im Laufe der Zeit in die Jahre gekommen, aber nach erfolgter Sanierung erstrahlen diese Ikonen der Architektur wieder in einem neuen Glanz, wobei das Dreischeibenhaus in Düsseldorf sogar als dass weltbeste sanierte Gebäude gilt. Nicht umsonst wurde dieses im März 2015 mit dem MIPIM Award in Cannes ausgezeichnet. Wer das Gebäude jetzt besichtigt, stellt fest, dass die Sanierung entsprechend den Vorgaben des Denkmalschutzgesetzes vollends gelungen ist. Dabei blieb die Hauptfassade in ihrer ursprünglich gerasterten Struktur und den markanten aus emaillierten Stahlblech bestehenden Brüstungsfeldern erhalten. Auch die in den Jahren 1999 bis 2003 durchgeführten Umbau -und Sanierungsmaßnahmen am Vierscheibenhaus in Köln sind erfolgreich gewesen.
Fazit: Ein der Definition als Scheibenhaus gerecht werdendes Hochhaus prägt das jeweilige Stadtbild außerordentlich. Diese Ikonen in Gestalt des Dreischeibenhauses in Düsseldorf und des Vierscheibenhauses in Köln sind stets eine Besichtigung wert