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Definition von Nachverdichtung im Städtebau inklusive Praxisbeispielen

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Nachverdichtung im Städtebau

Der Druck auf dem Wohnungsmarkt ist groß. Immer mehr Menschen suchen immer größere Wohnungen in den Städten. Die wachsende Nachfrage führt zu steigenden Mieten. Die Politik hat das Problem erkannt. Es ist erklärter Wille, mehr Wohnraum zu schaffen, um den Druck auf dem Wohnungsmarkt abzubauen. Städtebauliche Nachverdichtung ist zu einem Begriff der Stunde geworden. In der Definition bedeutet Nachverdichtung im Städtebau, dass zusätzliche Wohnflächen durch Aufstockung vorhandener Häuser und durch die Nutzung von bisherigen Freiflächen im Wohngebiet entstehen. Dadurch steigt der Wohnraum in Bezug auf die verbaute Fläche an, die Wohnraumdichte nimmt zu.

Möglichkeiten zur städtebaulichen Nachverdichtung

Um die Wohnfläche auf bereits erschlossenen Grundstücken im Rahmen der Nachverdichtung zu erschließen, gibt es mehrere Möglichkeiten.

Hinterlandbebauung bei großen Grundstücken

Viele Siedlungen, die in den 1920er und 1930er Jahren entstanden, sind geprägt von vergleichsweise kleinen Häusern auf großen Grundstücken. Die damaligen Planungen hatten einen einfachen Grund. Das Grundstück diente dem Gemüseanbau, oft wurden Ziegen, Hühner und Schafe gehalten. Der Garten leistete in wirtschaftlichen Not einen wichtigen Beitrag zur Versorgung der Bevölkerung. Zum Glück sind diese Zeiten vorbei, die großen Gärten eignen sich für eine Nachverdichtung. Im Speckgürtel rund um die Stadt Münster beispielsweise sind viele ehemalige Selbstversorgengärten im Rahmen der sogenannten Hinterlandbebauung neuen Wohnhäusern gewichen.

Schließung von Baulücken

Eine andere Variante der Nachverdichtung besteht darin, Baulücken zu schließen. In zahlreichen Städten gibt bis heute Straßenzüge, in denen nicht alle Grundstücke bebaut sind. So unterschiedlich die Gründe für diese Baulücken sind, sie haben eines gemeinsam: In der heutigen Diskussion bieten sich die Brachflächen als idealer Standort für die städtebauliche Verdichtung an.

Offene Bebauung verdichten

Im Zusammenhang mit der Hinterlandbebauung und der Schließung von Baulücken wird in vielen Städten diskutiert, inwieweit offene Bebauung verdichtet werden soll.

Eine solche Bebauung zeichnet sich mehrgeschossige Häuser aus, die mit weiten Abstand voneinander errichtet wurden. Dazwischen prägen Grünflächen, Parkflächen und Straßen das Viertel. In vielen Fällen können diese Flächen zur Errichtung neuer Häuser genutzt werden. Die Vorschläge aus Berlin, in den vorhandenen Grünflächen innerhalb der Bebauung in Friedrichshain sogenannte Punkthochhäuser zu errichten, haben in der Architekturszene für große Aufmerksamkeit gesorgt.

Aufstockung vorhandener Häuser

Die wohl meist diskutierte Form der Nachverdichtung im Städtebau ist die Aufstockung vorhandener Häuser. Ein oft erwähntes Paradebeispiel ist die Bebauung an der Bebelallee in Hamburg-Winterhude. Auf die zweistöckigen Häuser aus den späten 1950er Jahren wurden zwei weitere Stockwerke in Holzbauweise in moderner Architektur aufgesetzt. Mit den 47 neuen Wohnung wurde die Wohnfläche an der Bebelallee verdoppelt, ohne dass der offene Charakter des Viertel beeinträchtigt wurde.

Abriss und Neubau

Eine radikale Variante der städtebaulichen Nachverdichtung besteht schließlich im Abriss alter Gebäude, um neuen Wohnraum zu realisieren. Die Nutzung ehemaliger Fabrikgelände für die Wohnbebauung leistet in vielen Städten einen wesentlich Beitrag zur Verdichtung. Müssen Wohnungsbauten den Verdichtungsplänen weichen, geht das Vorgehen in der Regel mit einer deutlichen Verbesserung des Wohnungsstandards einher. Denn die neuen Gebäude bieten oft nicht nur mehr Platz, sondern orientieren sich zugleich an den Ansprüchen, die moderne Menschen heute an ihre Wohnung stellen.

Nachverdichtung ist umstritten

Pläne zur Nachverdichtung im Städtebau sind selten unumstritten. Die Befürworter sehen die Chancen der Maßnahmen, während die Gegner sich aus ökologischen, wirtschaftlichen und Gesellschaftlichen Gründen gegen die Verdichtung wehren.

Die Chancen der Nachverdichtung

Nahezu jede deutsche Großstadt kämpft heute mit dem Problem, dass die Mieten in den letzten Jahren drastisch gestiegen sind. Wenn nichts getan wird, ist mit einer weiteren Steigerung zu rechnen. Die hohen Mieter sind dabei eine unmittelbare Folge der hohen Nachfrage. Immer Menschen wollen in den Städten leben, die Landflucht macht sich auf dem Wohnungsmarkt bemerkbar. Der Trend zu steigenden Preisen auf dem Wohnungsmarkt wird zudem dadurch verstärkt, dass der moderne Mensch für sich und seine Familie und Mitbewohnern eine viel größere Wohnfläche beansprucht. Somit lässt sich eindeutig feststellen, dass der Bedarf an Wohnraumfläche von Jahr zu Jahr steigt.

Eine in der Vergangenheit oft gewählte Antwort auf diese Entwicklung war die Ausweisung von Neubaugebieten. Die Städte wuchsen in die Breite. Doch schnell zeigten sich die Nachteile. Die Zergliederung der Städte zerstörte viel Natur. Vormals offene Flächen wurden versiegelt, Straßen mussten gebaut werden, der zunehmenden Autoverkehr belastete Landschaft und Klima. Die Eingriffe in die Umwelt sind bei einer sorgfältig geplanten Nachverdichtung deutlich geringer.

Nachteile der Nachverdichtung

Gleichwohl die Eingriffe in die Natur bei der Nachverdichtung deutlich geringer sind, als bei der Ausweisung von Neubaugebieten, bleibt auch die Nachverdichtung nicht ohne ökologische Folgen. Viele Kritiker führen an, dass durch Aufstockung und Verdichtung vielfältige Effekte auf das Mikroklima auftreten können.

Andere Kritiker der Nachverdichtung sehen die Zunahme des Automobilverkehrs mit Sorge. Nicht weniger oft wird eingewendet, dass Nachverdichtung die Sozialstruktur der betroffenen Viertel nachhaltig verändert. Auch dieses Argument ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Mit der Nachverdichtung kommt es nicht selten zu verändern. Nach oben und nach unten, wie zahlreiche Beispiele zur Gentrifizierung und Gettoisierung in den deutschen Großstädten zeigen.

Suche nach Lösungen ist die Aufgabe der Zeit

Ob Hamburg, München oder Berlin, ob Münster, Magdeburg oder Trier – die Nachverdichtung im Städtebau stellt viele Kommunen vor gewaltige Aufgaben. Aber die Praxisbeispiele zeigen, dass es gelingen kann, innovative Lösungen gefunden werden.